OVG Lüneburg vom 21. Juni 2013: Elternbeiträge im Lk Stade rechtswidrig

Die Kindertagespflegesatzung ist seit 2009 nichtig...

Foyer der Sitzungssäle beim OVG Lüneburg
Foyer der Sitzungssäle beim OVG Lüneburg

Seit 2009 sind alle Beitragsbescheide des Jugendamtes Stade zur Kindertagespflege im Landkreis Stade rechtswidrig. Unter Verweis auf das Bundesverfassungsgericht hat das Oberverwaltungsgericht am 21. Juni 2013 festgestellt, dass die Kindertagespflegesatzung des Landkreises Stade aus dem Jahr 2009 nichtig ist. Nach über drei Jahren Verfahrensdauer konnte nun die Rechtsanwältin Angela Heinssen, Vorsitzende des Kreiselternrates der Kinderbetreuungseinrichtungen in Stade (www.kinderbetreuung-landkreis-stade.de) und Mitglied des neuen Vorstands der Kita Landeselternvertretung in Niedersachsen (www.kita-lev-nds.de), einen großen Erfolg zugunsten der Eltern verbuchen. Geklagt hatten drei Eltern, wegen überhöhter Gebühren und fehlendem Geschwisterrabatt.

Das Oberverwaltungsgericht führte aus, dass der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit gem. Artikel 3 des Grundgesetzes durch die Satzung verletzt sei, da einige Elternbeiträge die Kosten zum Teil erheblich (bis zu 55 Prozent!) überdeckten. Die gesamte Satzung sei daher nichtig.

 

Der Beschluß hat bundesweite Bedeutung, denn das OVG Lüneburg stellte klar, dass auf die bundesrechtlich im SGB VIII geregelten Kostenbeiträge für die Kindertagespflege die vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entwickelten Grundsätze für Kindertagesstättengebühren anwendbar sind.

 

 

bundesadler
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Das Bundesverfassungsgericht hatte festgestellt, dass die Höchstgebühr die tatsächlichen Kosten der Kinderbetreuung nicht überdecken darf. Außerdem muß nach dem Gleichheitsgrundsatz allen Erziehungsberechtigten im Ergebnis ein vergleichbarer vermögenswerter Vorteil zugewendet werden. Auch die Nutzer, die die volle Gebühr zahlen, dürfen nicht zusätzlich und voraussetzungslos zur Finanzierung allgemeiner Lasten und vor allem nicht zur Entlastung sozialschwächerer Kostenbeteiligter herangezogen werden. Im Landkreis Stade waren nach Aussagen der Verwaltung des Jugendamtes Stade entgegen der Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts die Elterbeiträge der Eltern höherer Einkommensstufen zur Finanzierung der Kindertagespflege von Eltern mit geringerem Einkommen verwendet worden.

Ziel der Klagen ist die Gleichstellung der Gebühren von Kindertagesstätten und Kindertagespflege. Eltern sollen nicht mit Mehrkosten belastet werden, wenn sie sich für die Betreuung ihrer Kinder in der Kindertagespflege entscheiden oder dazu gezwungen sind, weil die Kommune keine ausreichenden Plätze in Krippen zur Verfügung stellt.

 

Geklagt hatten drei Eltern aus der Gemeinde Jork und der Samtgemeinde Lühe, in der die Unterschiede zwischen den Gebühren für Kindertagesstätten und Kindertagesstätten besonders hoch sind, da auch die Geschwisterermäßiung anders als in dern Kindertagesstätten nicht berücksichtigt wird. Bei einer Ganztagsbetreuung von zwei Kindern in der Kindertagespflege und im Kindergarten konnte es daher zu Elternbeiträgen in Höhe von rund 8.500 Euro kommen. Damit lagen die rund 4.600 Euro über den Kindertagestättengebühren für zwei Kinder in der Gemeinde Jork. Das gilt auch für alle Bescheide seit 2009.

 

Eltern, die geklagt haben, können nur aufatmen, denn ihre Bescheide müssen aufgehoben werden, sobald das OVG Lüneburg den Beschluß im Rahmen des Berufungsantragsverfahrens engültig im Berufungsurteil bestätigt hat. Für laufende und zukünftige Bescheide muß indes sofort Klage eingereicht werden, denn sonst haben die Bescheide Bestandkraft und Eltern erhalten ihr Geld nicht zurück. (Das Stader Tageblatt hatte im Sommer 2011 ausführlich über das Verfahren berichtet)



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